Freitag, 24. Juli 2015

Fack ju, Nevsky!







How do I reach these kids?.. How do I reach these kids?..“ wiederholt immer wieder Artur Nevsky, während er eine Zigarette nach der anderen raucht und im Parkhaus seiner alten Schule auf und ab geht. Der erste Julitag ist heiß und der wolkenlose blaue Himmel liegt auf Oberursel wie eine Kuppel.


Arturs ehemalige Deutschlehrerin Frau Dr. Godenschwege hatte den jungen Poeten in ihre 11. Klasse eingeladen, um von seinen Slamerfahrungen und Erinnerungen an die Feldbergschule zu berichten.
Mehr als 6 Jahre ist es her, dass Artur täglich mindestens 20 Minuten zu spät den Klassenraum betrat, ihn mit Kräuterduft füllte und in der letzten Reihe Platz nahm, um seine ersten Entwürfe für sein demnächst erscheinendes Theaterstück „Oxana“ in Wirtschaftslehreschulbücher zu kritzeln. Mehr als 6 Jahre ist es her, dass Artur sich durch die Oberstufe quälen musste, um einen Monat vor den Abiturprüfungen nicht zugelassen zu werden und von der Schule zu fliegen.
Und jetzt kehrt er zurück – als gemachter Mann, um der nächsten Generation zu zeigen, dass man alles schaffen kann. Um als Sieger in einem Raum zu stehen, den er einst als Verlierer verlassen musste.


Ein letztes Mal sieht sich Artur im Parkhaus um. Sein Auto steht in der untersten Ebene und die Sonne scheint etwas herein, aber im Schatten ist es angenehm kühl. Genau an dieser Stelle wurde er mit ein paar Kumpels vor 7 Jahren von einem Lehrer beim Kiffen erwischt. Jetzt steht an dieser Stelle sein Mercedes.
Gleich macht sich Nevsky auf den Weg in die Klasse und erzählt seine Geschichte. Sein letzter Blick schweift über die saftig grüne Wiese und den versifften Teich bevor er die Zigarette wegschnickt und in Zeitlupe das Parkhaus verlässt, während hinter ihm Autos explodieren.


Artur steht im Flur und verspürt eine seltsame Angst. Er atmet durch, klopft sehr laut, um sich zu beruhigen, öffnet die Tür und betritt seinen alten Klassenraum.



Die Angst macht ganz schnell Platz für das unbeschreibliche Gefühl der Erfüllung eines Traumes, den Hunger auf das Publikum und die so geliebte Selbstdarstellung. Fast ein Jahrzehnt hat er auf diesen Augenblick gewartet.
Knapp eine Stunde verbringt Artur in der neugierigen 11BG. Er umreißt seinen Lebenslauf, seine Geschichte. Er berichtet darüber, wie er mit 12 Jahren aus der Ukraine nach Deutschland zog, wie er die Sprache erlernte, erzählt von seiner Zeit an der Feldbergschule und wie er über Rap zu PoetrySlam kam. Artur zeigt Fotos von verschiedenen Slams, den Backstages, sein erstes Musikvideo, ein paar Tracks und slammt auch schließlich live.


Arturs abschließende Worte gelten seinem größten Widersacher: der Vernunft. Er appelliert an die Klasse, nicht zu schwänzen, im Unterricht aufzupassen und die Schule aufrecht durchzustehen. Denn auch wenn die meistern Lehrer *böses Schimpfwort einfügen* sind, auch wenn die Schule die biologische Uhr des Menschen ignoriert, auch wenn man meint, das alles nie wieder zu brauchen... braucht man es doch irgendwann. Und es später auf Umwegen doch zu lernen kostet viel mehr Kraft und Zeit.
Und während Artur das sagt, merkt er, wie die Jugendlichen vor ihm sich in gedankenlose Zombies verwandeln und ihnen die warme Julibrise durch die Köpfe weht, während sie auf sich selbst sabbern. Nevsky hatte vergessen, dass jeder Schüler auf Durchzug schaltet, sobald „Schule“ und „wichtig“ in einem Satz auftauchen. Sogar er selbst.
Genau der richtige Moment, um die Bühne zu verlassen. 

Artur zündet eine Rauchgranate, wirft einen Stuhl gegen die Fensterscheibe, verfehlt die Fensterscheibe, tötet stattdessen versehentlich eine Schülerin, wirft sie gegen die Fensterscheibe, trifft dieses Mal die Fensterscheibe und entkommt mit einem Salto durch die kaputte Fensterscheibe.


Die Rückfahrt in die schöne Wetterau dauert zwar keine zwanzig Minuten, dennoch kommt sie Artur wie eine halbe Weltreise vor. Er ist erschöpft und sehr glücklich.
Fast ein Jahrzehnt hat er auf diesen Augenblick gewartet.



Schönes Wochenende.



PS: Hier einige Vorschläge für Wörter, die man in das Feld *böses Schimpfwort einfügen* einsetzen kann (um den Artikel sauber zu halten sind die folgenden Schimpfwörter ins Niederländische übersetzt worden):

wankerkutjesslachtofferklootzakkenslechte mensen


 
 

Montag, 13. Juli 2015

Karben – Stadt der Dichter



Am Freitag, den 17 Juli beginnt in Karben ein neues Zeitalter der Dichtung: Die Koalition aus „Poetry Slam Karben“ und dem Karbener „LiteraturTreff e.V.“  wird mit der Uraufführung der 1. Karbener Lesebühne einen Meilenstein des regionalen Literaturbetriebes setzen. 

Seit Jahren ist der Karbener Literaturverein eine Instanz unter älteren Literaturliebhabern. Im monatlichen LiteraturTreff befassen sich die Mitglieder mit deutscher und internationaler Literatur und bringen diese auf die Bühne. In Kooperation mit Karbener Poetry Slammern wollen beide Seiten nun ein Forum schaffen in dem unabhängig von Alter, literarischer Haltung oder kultureller Szene die Liebe zum geschriebenen Wort genossen werden kann. Die vier Poeten Kim Müller, Kim-Anh Schäfer, Merlin Veit und Dominik Rinkart werden zusammen mit den Literaten Robert Axt, Alfred Landmesser, Hans Kärcher und Rosie Cordsen Enselin ihre Texte in entspannter Atmosphäre konkurrenzlos zum Besten geben. Als vereinte Essenz Karbener Literaturschaffender werden beide auch anderen Schreibenden aus Karben eine Bühne bieten. Ergänzt wird der Abend mit Musik der wunderbaren Fee sowie dem „special guest“ GAX.

Um 19 Uhr geht es im wunderbaren KUHtelier im Schlosshof Leonhardi los. Ein Abend der Geschichte schreiben wird…   

Sonntag, 12. Juli 2015

Für Karben beim Hessenslam: Andreas Arnold

Kurzfassung für schnelles Lesen - wegen der Hitze. Quasi die "summer summary": 

Andreas Arnold vertritt Karben beim Hessenslam 2015.

Andreas Arnold - in und für Karben am Start beim Hessenslam

Details für Freunde des Wortes: 

 

Er, der die WetterauerDichertschlacht erdacht,
der Begeisterung entfacht,
der die Slams der Wetterau
pointiert, heißt: punktgenau,
organisiert
moderiert
resümiert
und seit neuestem auch publiziert.

Er, der, obwohl Florstadt keine Vorstadt hat,
dort Workshops statt- und (junge) Leute sich einfinden lässt.
(Ich seh das als Tugend, der Jugend und alten Gestalten
das Poetry-Texte- und Auftrittgestalten dadurch zu entfalten.)

Er ist der Dritte in unserer Mitte,
der antritt und die Wetterau beim Hessenslam vertritt,
auf dessen Bühnenbretter brettert und sie rockt,
dem Publikum Begeisterung entlockt:
Andreas Arnold.

Er, der Hühne, eine Größe in der Szene, ist auch jene auf der Bühne – also groß.
Bloß: er findet, finde ich, auf der Wetterauer Bühne viel zu selten statt
in der Rolle als Poet zwecks Textvortragen,
weil er all die and’ren Rollen hat.

Durch Theatererfahrung und Vatererfahrung
ist er, ist er mal auf der Bühne präsent,
dort das, was man dann dort präsent nennt.
Damit stimme auch die Stimme überein,
bild’ ich mir ein.
Doch nicht allein das wie, nein auch das „was“ ist das, was zählt beim Slam.
Seine Texte von drollig bis "lol"-ig,
von Märchen für Kinder
zu Texten, in denen nicht minder
fein formuliert ein Aspekt von Respekt sowie Anerkennung steckt,
haben stets etwas Berührendes.

Indes bleibt nur zu klären, wer ihn nominiert.
Weil nur dieser Vorgang Zugang zur Meisterschaft schafft.

Auf welchem  Flecken Welt, genauer: Wetterauer Erde,
werde er per Opportunität als Poet auf- und ihn vertreten können?
Da er in der Tat von Reichelsheim bis Hallenbad
in fast jeder Wetterauer Stadt
einen eig'nen Slam am Laufen hat,
ist es die einem gallischen Dorf gleiche Bühne in Karben.
Dort ist Andreas zu Gast und bei Dominik Rinkart am Start.

Schon in der Gruppe „U20“ fand sich für Karben
‘ne sehr bravouröse Vertretung.
Und Andy kann die Tradition bei den „Großen“ nun pflegen.

Wir werden von Geschichten und Gedichten dann berichten.
Viel Erfolg!