Dienstag, 22. März 2016

Krawall & Zärtlichkeit für Essen

Herzlicher Empfang beim Krawall & Zärtlichkeit #6
Es war der 15. März, als unsere vier Helden der Wetterauer Slam-Poetry-Boygroup in Richtung Essen ...
"Warte mal", warf Domi ein. "Der 15. März? Wann hatten wir denn den Termin vereinbart?"
"Im November schon?", antwortete Andreas schnippisch und fuhr fort, seherisch zu monologisieren.
" ...der 15. März, als unsere Helden der Wetterauer Slam-Poetry-Boygroup - mit Ausnahme Domis, der den Termin nicht notiert hatte - in Richtung Essen ..."
"Tschuldigung!", unterbrach Torsten. "Es hat den Schein, mein Sein sei anderweitig wohl gefragt. Gesagt, getan, fahr'n nun nur noch zwei."
"Äh!", sagte Andreas und mühte sich unbeirrt, dennoch den einleitenden Satz seines prekognitiv initiierten Blogbeitrages zu beenden.
"...als unsere Helden der Wetterauer Slam-Poetry-Boygroup - mit Ausnahme Domis, der den Termin nicht notiert hatte, und Thorstens, der anderweitig benötigt wurde - in Richtung Essen ..."
"Der 15.?" frug Artur mehr sich selbst.
"Ach, komm schon!", antwortete Andreas keineswegs sich selbst, denn er frug ja nichts. Artur frug. Mehr sich selbst zwar, doch das hielt Andreas nicht ab, dennoch zu antworten.
"Na, gut! War ja nur ne Fruge! Ich komme mit!"

LIGHTNING
"Es war der 15. März, als unsere zwei unserer vier Helden der Wetterauer Slam-Poetry-Boygroup in Richtung Essen aufbrechen sollten, von Freddies Thunderballs and Lighnings mehrfach beschallt und gesegnet, um dort wunderbare nahezu verräterrischer Akzente und Dialekte befreite Poems und Stories zu tellen. Und wahrlich ich sage euch, sie tellten. Und wie sie tellten. Gar wunderbar!"
"Wahr gesprochen!", sagte Artur, stiegt in Andreas' pikantes asiatisches Automobil, legte die nicht fehlen dürfende Queen-CD ein und sagte: "Hit it!". Andreas hittete es, nämlich das der Beschleunigung des Gefährtes dienende Pedal, und in Null Komma zweineinhalb Stunden waren die M&Ms unter den A&As - wenn ihr wisst, was ich meine, und ich bin sicher ihr wisst, was ich meine - in NRWs heimlicher Slam-Metropole. In lukullischer Tradition genährt vom Inder um die Ecke, herzlich empfangen von den Gastgebern Zwergriese und Micha El-Goehre und umjubelt, gelobpreist und gebenedeit von den Scharen, die da gekommen waren, um sie zu sehen. Sie und Sarah Kerstin, Tobi Katze, Jan Schmidt, Florian Stein und Tuna Tourette.

THUNDERBALL
"Aus der Wetterau angereist!", schloss Micha nach dem obligatorischen Regelnerklären und rief damit Andreas als zweiten des Abends auf die Bühne.
"Wetterau? Was'n das?", jubelte die fragliche Menge, und Andreas tellte, wie anfangs angekündigt und so authentisch wie nie, seine Story von Descartes, Absinth-Testreihen und Fahrkartenkontrolldienstmitarbeitern, und das, obwohl er noch fahren musste. Bis Artur als letzter die Bühne erklommen haben sollte, würden noch einige wunderbare Menschen ihr lustiges bis nachdenkliches Material an die hungrige Menge verfüttert haben. Doch dann kam es zum Letzten, welcher Artur war, und Artur servierte sein vegetarisches Gericht namens Mama, sehr zur Tränenrührung einiger Gerührter. Eine kleine Finalzugabe von trunkenen Comisfans zu lesen, war Andreas noch gegönnt, bis sie wieder nachhause in die Wetterau aufbrechen durfen. In Null Komma zweieinhalb
Stunden waren sie wieder dort, wo Zuckerrübensirub das Guinness des Nichtiren ist. Nach einem Abend voller Gastfreundschaft, liebevoller Menschen, der Erkenntnis, dass in Nordindien auch scharf gegessen wird, und großartiger Wortkünstler, die allesamt versprochen hatten, die Wetterau alsbald zu besuchen ...

"... kehrten die zwei Helden wieder zurück in ihre WG!", endete Andreas die tolle Geschichte.
"Tolle Geschichte!", kommentierte Artur. "So lebensecht und authentisch und so!"
"Hast du uns was mitgebracht?", frugen Domi und Thorsten uni sono.
"Später!", sagte Andreas, denn das ist eine andere Geschichte.

Das obligatorische Gruppenfoto:
v. l. n. r.: Andreas, Domi (vertreten durch Zwergriese),
Thorsten (vertreten durch Micha) und Artur

Danke an Dennis Thom für die schönen Fotos :)

Dienstag, 8. März 2016

Neues aus der Slam WG - Episode 1: Die Wahlnachlese




Traurig sitzen die vier Künstler der Wetterauer Poetry-Slam-Boygroup in ihrer Küche und starren auf Zeitungen, Tablets, Laptops und Kaffekannen. Am Wochenende war Kommunalwahl: „In Büdingen kommt die NPD auf 14 Prozent“, liest Domi mit leiser Stimme vor. „Mmmmh“, sagt Andy und streichelt seinen Bizeps. Langsam hebt Artur seinen Kopf vom Tisch, dropt eine ukrainische Line und legt ihn wieder ab. „13 Prozent für die AfD im Kreis“, ergänzt Domi in Trauer auf ein Verb verzichtend. Alle schweigen. „Wer schreibt nun einen Text für unseren Blog“, fragt Andy wie immer ungebremst motiviert – irgendwo zerbricht ein Stift. „Keine Lust“, grummelt Domi, „keine Zeit“, antwortet Thorsten, `irgendwas Ukrainisches´ spittet Artur und schiebt das Poetry Slam Wetterau Buch – ´Texte von Toleranz, Respekt und Anerkennung´ langsam über die Tischkante. 

„Wenn wir annehmen, dass wir mehr als tausend Besucher in einem Jahr auf unseren Slams haben, dann bedeutet das ja auch, dass darunter mindestens 100 Wähler rechter Parteien waren“, rechnet Domi. „Du kannst nicht rechnen“, erinnert in Andy, „Thorsten kann rechnen.“ „Es sollte uns schon quälen, dass sich zu viele vom Wählen stehlen“ antwortet Thorsten mit Blick auf die Wahlbeteiligung von lächerlichen 50 Prozent. 

„Warum genau gehen wir eigentlich so häufig auf Bühnen?“ fragt Domi. „Fame und Bitches“, antwortet Artur, „andere Hobbys wären mir am Abend einfach zu zeitaufwändig“, betont Thorsten. „Weil wir als Künstler eine gesellschaftliche Verantwortung haben. Aus der Möglichkeit viele Menschen mit unseren Worten zu erreichen, ergibt sich a priori die Pflicht wichtige Themen anzusprechen und als Stimme der Kunst, die schon immer Sprachrohr der Vernunft und Menschlichkeit war, die Herzen und Hirne der Menschen zu erreichen, bevor wir a posteriori am Arsch sind“, sagt Andy. „Nice“ antwortet Artur und öffnet ein Bier. „Also wenn ich das nochmal durchrechnen darf,“ sagt Domi. „Tu dies tunlichst nicht“, wirft Thorsten dazwischen und ergänzt: „Eine alte Slam Weisheit besagt doch: Wenn niemand in die Jury will, gewinnt meist der schlechteste! Aber unser Publikum will doch immer gerne in die Jury, also gehe ich davon aus, dass wir keine Rechtswähler - oder besser Unrechtswähler -  unter unseren Zuschauern haben.“ „Du meinst, das ist wie damals, als Tokio Hotel weltweit Millionen Fans hatte, ich aber nicht einen Menschen kannte, der einen kannte, der einen kannte, der schon mal von jemandem gehört haben will, der Tokio Hotel eventuell ganz duffte findet?“ „Ähm, ja, ich weiß nicht, vielleicht?“ antwortet Thorsten. „Ich muss durch den Monsuuuuuun“, grölt Artur und stupst das nächste Poetry Slam Wetterau Buch – ´Texte von Toleranz, Respekt und Anerkennung´ von der Tischkannte. 

„Übrigens: Auf dem Wahlzettel zur Reichstagswahl vom 26.März 1936 stand über dem Namen Adolf Hitler der Spruch ´Reichstag für Freiheit und Frieden`,“ sagt Andy und legt sein vergilbtes Geschichtsbuch zur Seite. „Ja, aber die Verhältnisse von damals lassen sich ja gar nicht mit den heutigen vergleichen“, sagt plötzlich die Stimme der Relativierung und fliegt apathisch grinsend aus dem Fenster. „Bei der Reichstagswahl vom 14. September 1930 kam die NSDAP auf 18,3 Prozent“, sagt Domi und schließt Wikipedia. Der Rest ist Schweigen.