Posts mit dem Label Neues aus der Slam WG werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Neues aus der Slam WG werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Donnerstag, 18. Januar 2018

Neues aus der Slam-WG: Die neue Mitbewohnerin

Ein Tag wie jeder andere, ein Morgen wie der gestrige und wahrscheinlich auch der morgige, aber nein! Denn es wird nicht mehr sein wie vorher…

Die Slam-WG in Ludwigshafen
https://www.monkey7.de/
Die Slam WG sitzt beim Frühstück. Thorsten schraubt an der Deckenlampe herum, gegen die er Mal wieder gelaufen ist, Domi hält sich an seinem Tee fest, während sein Kopf auf der Tasse verweilt, Andy löffelt Proteinpulver aus dem 5-kg-Bottich. Aber dem geschulten Beobachter fällt sofort ein Fehler auf! Wo ist Artur?
Thorsten setzt sich und angelt eine Postkarte vom Schreibtisch aus dem Nebenzimmer. “Ach hier, das hatte ich ganz vergessen. Hier, Andy, hör mal auf zu essen! Wir haben eine Postkarte bekommen, von Artur aus Singapur, der ist doch auf Tour.”
“Tour? Wo? Wann? Ich bin bereit!” Domi ist aufgeschreckt, fuchtelt wild mit den Armen und schlägt die Deckenlampe ein weiteres Mal aus ihrer Verankerung.
Andy legt seinen Löffel weg und wischt sich das restliche Pulver aus dem Gesicht. “Hach ja, so jung müsste man auch nochmal sein. Aber steht jetzt nicht sein Zimmer leer?”
Während sich Thorsten und Andy grübelnd ansehen, fängt Domi erst leise, dann lauter an zu lachen, bis er von der Haustürklingel unterbrochen wird. Es klingt, als würde eine Horde Büffel auf der Treppe Hornweitwurf machen, aber als die Tür geöffnet wird, stehen dort nur Berge von Koffern. “Halloo??”, ruft Thorsten ins Treppenhaus und der Hall zellert zurück. Hinter Trolley und Handtasche kramen sich langsam zwei Hände hervor, bis daraus ein Mensch auftaucht, ein, man mag es kaum glauben, weiblicher Mensch. 
“Hey, ich bin Lea und wohne jetzt bei euch! Zumindest solang Artur weg ist.” Sie gestikuliert wild, aber gezielt, sodass es fast schon gebärdisch einstudiert wirkt.  Inzwischen stehen die WG-Männer vor der Tür und betrachten neugierig ihre neue Mitbewohnerin. Nur Thorsten hat sie so weit unten am Boden noch nicht entdeckt. 
“Ja cool!”, singen Domi und Andy im Chor. 
“Wo ist denn mein Zimmer?”, fragt Lea und läuft schonmal los. 
“Da hinten links”, erklärt Andy und deutet ihr mit seinem Bizeps den Weg. 
“Genau gegenüber von meinem”, kichert Domi in sich hinein. Er und Lea zwinkern sich auffällig unauffällig zu. Soso...
Thorsten hat Lea nun auch entdeckt und winkt zu ihr hinunter. “Das passt auch gut, wir müssen schon gleich los. Wenn du müde bist, kannst du im Slam-Mobil ein bisschen schlafen, nach Ludwigshafen.”
“Na dann”, trällert Lea. “Auf die Texte fertig los!” Die Männer springen in alle Richtungen und werfen sich auf überall herumliegende Haufen von Textblättern. Lea merkt, sie muss hier noch viel lernen.

Neu in der WG: Lea Weber, U20-Championesse 2017, Hessen
https://www.monkey7.de/
In Ludwigshafen war es dann sehr schön! Domi suchte wieder Rat im Publikum, indem er von all den Dingen erzählte, die er nicht versteht. Andy erzählte einen Schwank aus seiner Jugend. Thorsten hatte auf die Bühne ein ganzes Orchester von Worten mitgenommen und ließ es eskalieren. Lea machte auch einen Text, aber alle schauten nur auf ihre Hände. Ist das Gebärdensprache oder einfach krass genaue Gesten. Das muss noch geklärt werden.
Andy und Lea kämpften auch im Finale gegeneinander, aber die Dame gab dem Herren den Vortritt und überließ ihm den geteilten ersten Platz. Schließlich ist sie die Neue und will sich's nicht gleich mit dem Mann mit den Armen verscherzen.
Aber was waren alle glücklich! Ein schöner erster Abend in dieser Besetzung. Ein Hoch darauf, dass es noch viele weitere gemeinsame Tour- und WG-Erlebnisse geben wird. 

Donnerstag, 17. November 2016

Wenn Hessen sich in Essen messen

Wenn vier Poeten zusammen in einer WG wohnen, kann es schon mal drunter und drüber gehen. Denn sie sind nicht alle so entspannt und ausgelastet, wie es die Pressefotos stets vermuten lassen. In ihrer Freizeit gehen sie nämlich ganz anderen Berufen nach als in ihrer Hauptbeschäftigung auf der Bühne – wenn sie nämlich gerade einmal kein neues nobelpreisfürliteraturverdächtiges Werk schreiben oder irgendwo in der Bundesrepublik „ins Mic spitten“, dann sind unsere Wortakrobaten ein Vulkanforscher, ein Astronaut, ein Wikipediaeinträgefälscher und ein Waldläufer. Wer wer ist, bleibt aus Datenschutzgründen geheim. 
 
Und wenn eben diese vier Männer, den Alltagstrott hinter sich gelassen, anfangen ihre Taschen und danach das Auto zu bepacken, weil sie wieder einmal einen Notruf aus einem anderen Bundesland erhalten haben, mit der Bitte, doch bitte die Abendshow zu retten, dann bleiben keine Trockenfrüchte, keine Thermoskannen und keine Queen-CDs vor ihnen sicher. Denn die Fahrt ist lang und der unstillbare Durst danach, eine (Brems)Spur am Einsatzort zu hinterlassen, ist groß.
Dieses Mal trifft es die Weststadt Story in Essen – eine riesige und legendäre Slam-Veranstaltung, die in- und außerhalb von Nordrhein-Westfalen großes Ansehen genießt.
Kurz vor der Abreise versammelt man sich traditionsgerecht im Flur und bespricht wichtige Eckdaten der Reise.

Er ist nicht zu finden, der Autoschlüssel in unserer Schüssel für Schlüssel!“ Thorstens Fäuste stemmen sich gegen seine Hüfte.

Verzeihe mir, Thorsten!“ entschuldigt sich Andreas. „Ich habe ihn mir gestern zum Üben ausgeliehen, als endlich das Buch ankam, welches ich bestellt hatte: 99 Wege mit einem Schlüssel schnell zu töten. Ich hole ihn mal eben aus der Übungspuppe heraus.“

Tu dies. Denn leider können wir uns das Fahren nicht sparen. Und wo ist überhaupt Artur? Macht er wieder eine Haarkur?“

Bin am Start“, Artur betritt den Flur und stopft sich noch ein paar Texte in die Hosentasche, die er in den nächsten drei Stunden immer wieder herausholen wird, um sich zu vergewissern, dass er sie auch wirklich dabei hat.
Jo, Domi, Bro, darf ich meinen Eistee in deine Tasche stecken? Ich nehm' keine mit, Digga. Dominik?“

Thorsten und Artur sehen verwundert zu Dominik herüber, der nicht antwortet. Einige Sekunden lang, bevor Thorsten erstarrt und Artur sich dreimal bekreuzigt. Den beiden wird nämlich klar, dass es gar nicht Dominik ist, sondern die Übungspuppe und dass Andreas die beiden schon wieder verwechelt haben muss.
Im selben Augenblick hört man verzweifeltes Bärengebrüll von Andreas aus dem Trainigsraum. Er kommt in den Flur, den (Gott sei Dank) noch atmenden Dominik auf den Armen tragend und stellt ihn ab.

Andy, ist es eigentlich dein Ernst? Wie oft denn noch?“, Dominik ist wirklich sauer, aber kann sein Lächeln nicht ganz unterdrücken, weil... wer kann Andreas schon so richtig böse sein?

Dominik, es tut mir so leid, dass es wieder zu dieser Verwechslung kam! Für das nächste Mal merke ich mir – wenn es stöhnt, dann ist es nicht meine Übungspuppe“, entschuldigt sich Andreas, „Ich bin heilfroh, dass du meine gestrige Trainingseinheit und die Nacht überlebt hast! Aber das Buch ist wohl für'n Arsch.“

Männer, wir müssten wirklich langsam los!“, Thorsten schaut die anderen über den Rand seiner Brille an und das ist kein gutes Zeichen.

Die Choreographie beim Einsteigen und Sitzen läuft nach so vielen Fahrten absolut reibungslos ab: Thorsten fährt, Dominik schmückt den Beifahrersitz, Andreas sitzt hinter Thorsten, Artur sitzt hinter Dominik und zwischen Andreas und Artur in der Mitte sitzt noch Andreas' rechter Arm und pulsiert.

Die drei Stunden, viele kleine und große Städte, einige Wälder und unzählige Eindrücke ziehen staulos an unseren Poeten vorbei. In dieser Zeit haben sie meist alle relevanten Themen dieses Lebens besprochen und alle Weltprobleme in der Theorie gelöst. Es wurde sogar der eine oder andere Spaß ausgetauscht.

Nachdem die Boyband in Essen angekommen ist, ahmt sie coole US-Kids nach und hängt ein bisschen in der Mall herum. Es wird gespeist und langsam versinken unsere Helden in ihren eigenen Gedanken, die bevorstehende Show im Fokus.

Zeitsprung. Die Weststadthalle füllt sich wider Erwarten (parallel fand die NRW-Slam-Meisterschaft statt) und die mindestens 500-10.000 Besucher nehmen ihre Plätze ein, die Luft knistert. Die Slampoeten sitzen auf bequemen Sofas und trinken VIP-Wasser, während das Moderationsduo Gabriel und Thomas mit dem berühmten Weststadt-Story-Pferderennen die Besucher in Extase versetzt. 

 
Artur darf den Abend eröffnen und trägt Mama vor. Dominik kommt als zweiter Poet auf die Bühne und reißt die Halle mit Dinge, die ich nicht verstehe nach allen Regeln der Gebäudesprengungskunst ab. Andreas liest Kein Text und scheidet zusammen mit Artur aus, um sich mit ihm betrinken zu dürfen und neue Bekanntschaften zu knüpfen. Thorsten performt Konzentrier dich! und kommt zusammen mit Dominik ins Finale.

Im weiteren Verlauf des Abends bekommt das Publikum Hessens Klassiker um die Ohren gehauen mit Thorstens Fortissimo und Dominks 90 Minuten oder wie lange Nagellack zum trocknen braucht und Anapophasistos, welche ihm einen würdigen zweiten Platz des Abends und eine Lyriksammlung von Mesut Özil bescheren.


Nach diesem erfolgreichen Abend in Essen haben unsere Helden mal wieder gezeigt, aus welchem Holz ein Hesse geschnitzt ist. Einige Stunden später sitzen die Vier wieder im Auto auf dem Heimweg zu ihrer Poeten-WG und schnick-schnack-schnucken, wer morgen Frühstück macht.


Sonntag, 10. Juli 2016

Neues aus der Slam WG: WWW - Wettbewerbe, Weilburg, Wölfersheim



Sonntag früh. Die Wetterauer-Boygroup sitzt in der Poeten-WG beim Frühstück. Äußerlich leicht zerknittert, innerlich glatt zufrieden ob der Erinnerungen an die letzten Tage auf der Bühne.
„Un’?“ fragt Andy.
„Joh“, sag ich.
„Hmm“, brummt Domi.
„Passt“, meint Artur.

Andy, gestern noch Zauberer auf der Bühne, kippt ganz un-magisch Körner in seine Müslischüssel. Wir in unsere auch. Allemal besser, als morgens schon ’n Korn zu kippen.

Wir müssen noch ein wenig zu uns finden – denn wir gingen getrennte Wege: Domi und Artur rockten am Freitag die Poetry Slam Bühne in Wölfersheim und mich verschlug es zeitgleich nach Weilburg. Andy setzte am Samstag noch einen drauf als fraglos grandiose Verkörperung eines… sagen wir: fragwürdigen Zauberers in der Inszenierung des Helden-Theaters von Terry Pratchets „Gevatter Tod“.
Getrennte Wege „wegen der größeren Streuwirkung“, lautet die Ratio.
„Wie bei ’ner Nagelbombe?“
Kurzes Schweigen.
„Nein, eher so biblisch: Gehet hin und verkündet das Wort. Da waren nicht so viele Bomben im Spiel.“

Ein Slam zwischen 45 Konzerten.
Und wohin schlendern alle Generationen?



„Also, wie war’s in Weilburg?“, fragt Andy schließlich etwas konkreter, um die Kurve zu kriegen.
„Joh“, setze ich wieder an und fahre fort: „Ich fuhr fort, an diesen Ort eines Klassikfestivals. 45 Konzerte, ein Poetry Slam. Da steckt in den Rahmenbedingungen schon Musik drin! Darüber ging auch mein Text. Begriffe, Rhythmus, Redensarten der Musik in unserer Sprache. Hat bei diesem wunderbaren, quasi Fach-Publikum gut funktioniert. Außerdem fielen die durch zahlreichen Bücherkauf auf.“
„Übrigens“, füge ich hinzu, „sind wir mal wieder eingeladen worden. Als Quartett. Das wird nett.“ Gemeinsam fahren macht eben mehr Spaß. Auch wenn es bedeutet, an einem Freitag Nachmittag auf der Autobahn zu stehen.

Ich spür schon ein kleines Stück Glück und Frage zurück: „Und wie war’s in der Wetterau, daheim, in Wölfersheim?“
Andy kaut, Artur schaut, ich schöpfe Hoffnung und auf die frischen Erdbeeren aus dem eigenen Garten einen Löffel Schlagrahm, da schlagreimt Domi: „Wo wir hin gefahren waren?" Er schaut, als ob er träume, dann beschreibt er ohne Scheu 'ne Scheune. 

Und wer mehr davon erleben will, schaut auf den Veranstaltungskalender. Wir sehen uns!

Ihre / Eure
Wetterau-Boygroup

Dienstag, 22. März 2016

Krawall & Zärtlichkeit für Essen

Herzlicher Empfang beim Krawall & Zärtlichkeit #6
Es war der 15. März, als unsere vier Helden der Wetterauer Slam-Poetry-Boygroup in Richtung Essen ...
"Warte mal", warf Domi ein. "Der 15. März? Wann hatten wir denn den Termin vereinbart?"
"Im November schon?", antwortete Andreas schnippisch und fuhr fort, seherisch zu monologisieren.
" ...der 15. März, als unsere Helden der Wetterauer Slam-Poetry-Boygroup - mit Ausnahme Domis, der den Termin nicht notiert hatte - in Richtung Essen ..."
"Tschuldigung!", unterbrach Torsten. "Es hat den Schein, mein Sein sei anderweitig wohl gefragt. Gesagt, getan, fahr'n nun nur noch zwei."
"Äh!", sagte Andreas und mühte sich unbeirrt, dennoch den einleitenden Satz seines prekognitiv initiierten Blogbeitrages zu beenden.
"...als unsere Helden der Wetterauer Slam-Poetry-Boygroup - mit Ausnahme Domis, der den Termin nicht notiert hatte, und Thorstens, der anderweitig benötigt wurde - in Richtung Essen ..."
"Der 15.?" frug Artur mehr sich selbst.
"Ach, komm schon!", antwortete Andreas keineswegs sich selbst, denn er frug ja nichts. Artur frug. Mehr sich selbst zwar, doch das hielt Andreas nicht ab, dennoch zu antworten.
"Na, gut! War ja nur ne Fruge! Ich komme mit!"

LIGHTNING
"Es war der 15. März, als unsere zwei unserer vier Helden der Wetterauer Slam-Poetry-Boygroup in Richtung Essen aufbrechen sollten, von Freddies Thunderballs and Lighnings mehrfach beschallt und gesegnet, um dort wunderbare nahezu verräterrischer Akzente und Dialekte befreite Poems und Stories zu tellen. Und wahrlich ich sage euch, sie tellten. Und wie sie tellten. Gar wunderbar!"
"Wahr gesprochen!", sagte Artur, stiegt in Andreas' pikantes asiatisches Automobil, legte die nicht fehlen dürfende Queen-CD ein und sagte: "Hit it!". Andreas hittete es, nämlich das der Beschleunigung des Gefährtes dienende Pedal, und in Null Komma zweineinhalb Stunden waren die M&Ms unter den A&As - wenn ihr wisst, was ich meine, und ich bin sicher ihr wisst, was ich meine - in NRWs heimlicher Slam-Metropole. In lukullischer Tradition genährt vom Inder um die Ecke, herzlich empfangen von den Gastgebern Zwergriese und Micha El-Goehre und umjubelt, gelobpreist und gebenedeit von den Scharen, die da gekommen waren, um sie zu sehen. Sie und Sarah Kerstin, Tobi Katze, Jan Schmidt, Florian Stein und Tuna Tourette.

THUNDERBALL
"Aus der Wetterau angereist!", schloss Micha nach dem obligatorischen Regelnerklären und rief damit Andreas als zweiten des Abends auf die Bühne.
"Wetterau? Was'n das?", jubelte die fragliche Menge, und Andreas tellte, wie anfangs angekündigt und so authentisch wie nie, seine Story von Descartes, Absinth-Testreihen und Fahrkartenkontrolldienstmitarbeitern, und das, obwohl er noch fahren musste. Bis Artur als letzter die Bühne erklommen haben sollte, würden noch einige wunderbare Menschen ihr lustiges bis nachdenkliches Material an die hungrige Menge verfüttert haben. Doch dann kam es zum Letzten, welcher Artur war, und Artur servierte sein vegetarisches Gericht namens Mama, sehr zur Tränenrührung einiger Gerührter. Eine kleine Finalzugabe von trunkenen Comisfans zu lesen, war Andreas noch gegönnt, bis sie wieder nachhause in die Wetterau aufbrechen durfen. In Null Komma zweieinhalb
Stunden waren sie wieder dort, wo Zuckerrübensirub das Guinness des Nichtiren ist. Nach einem Abend voller Gastfreundschaft, liebevoller Menschen, der Erkenntnis, dass in Nordindien auch scharf gegessen wird, und großartiger Wortkünstler, die allesamt versprochen hatten, die Wetterau alsbald zu besuchen ...

"... kehrten die zwei Helden wieder zurück in ihre WG!", endete Andreas die tolle Geschichte.
"Tolle Geschichte!", kommentierte Artur. "So lebensecht und authentisch und so!"
"Hast du uns was mitgebracht?", frugen Domi und Thorsten uni sono.
"Später!", sagte Andreas, denn das ist eine andere Geschichte.

Das obligatorische Gruppenfoto:
v. l. n. r.: Andreas, Domi (vertreten durch Zwergriese),
Thorsten (vertreten durch Micha) und Artur

Danke an Dennis Thom für die schönen Fotos :)

Dienstag, 8. März 2016

Neues aus der Slam WG - Episode 1: Die Wahlnachlese




Traurig sitzen die vier Künstler der Wetterauer Poetry-Slam-Boygroup in ihrer Küche und starren auf Zeitungen, Tablets, Laptops und Kaffekannen. Am Wochenende war Kommunalwahl: „In Büdingen kommt die NPD auf 14 Prozent“, liest Domi mit leiser Stimme vor. „Mmmmh“, sagt Andy und streichelt seinen Bizeps. Langsam hebt Artur seinen Kopf vom Tisch, dropt eine ukrainische Line und legt ihn wieder ab. „13 Prozent für die AfD im Kreis“, ergänzt Domi in Trauer auf ein Verb verzichtend. Alle schweigen. „Wer schreibt nun einen Text für unseren Blog“, fragt Andy wie immer ungebremst motiviert – irgendwo zerbricht ein Stift. „Keine Lust“, grummelt Domi, „keine Zeit“, antwortet Thorsten, `irgendwas Ukrainisches´ spittet Artur und schiebt das Poetry Slam Wetterau Buch – ´Texte von Toleranz, Respekt und Anerkennung´ langsam über die Tischkante. 

„Wenn wir annehmen, dass wir mehr als tausend Besucher in einem Jahr auf unseren Slams haben, dann bedeutet das ja auch, dass darunter mindestens 100 Wähler rechter Parteien waren“, rechnet Domi. „Du kannst nicht rechnen“, erinnert in Andy, „Thorsten kann rechnen.“ „Es sollte uns schon quälen, dass sich zu viele vom Wählen stehlen“ antwortet Thorsten mit Blick auf die Wahlbeteiligung von lächerlichen 50 Prozent. 

„Warum genau gehen wir eigentlich so häufig auf Bühnen?“ fragt Domi. „Fame und Bitches“, antwortet Artur, „andere Hobbys wären mir am Abend einfach zu zeitaufwändig“, betont Thorsten. „Weil wir als Künstler eine gesellschaftliche Verantwortung haben. Aus der Möglichkeit viele Menschen mit unseren Worten zu erreichen, ergibt sich a priori die Pflicht wichtige Themen anzusprechen und als Stimme der Kunst, die schon immer Sprachrohr der Vernunft und Menschlichkeit war, die Herzen und Hirne der Menschen zu erreichen, bevor wir a posteriori am Arsch sind“, sagt Andy. „Nice“ antwortet Artur und öffnet ein Bier. „Also wenn ich das nochmal durchrechnen darf,“ sagt Domi. „Tu dies tunlichst nicht“, wirft Thorsten dazwischen und ergänzt: „Eine alte Slam Weisheit besagt doch: Wenn niemand in die Jury will, gewinnt meist der schlechteste! Aber unser Publikum will doch immer gerne in die Jury, also gehe ich davon aus, dass wir keine Rechtswähler - oder besser Unrechtswähler -  unter unseren Zuschauern haben.“ „Du meinst, das ist wie damals, als Tokio Hotel weltweit Millionen Fans hatte, ich aber nicht einen Menschen kannte, der einen kannte, der einen kannte, der schon mal von jemandem gehört haben will, der Tokio Hotel eventuell ganz duffte findet?“ „Ähm, ja, ich weiß nicht, vielleicht?“ antwortet Thorsten. „Ich muss durch den Monsuuuuuun“, grölt Artur und stupst das nächste Poetry Slam Wetterau Buch – ´Texte von Toleranz, Respekt und Anerkennung´ von der Tischkannte. 

„Übrigens: Auf dem Wahlzettel zur Reichstagswahl vom 26.März 1936 stand über dem Namen Adolf Hitler der Spruch ´Reichstag für Freiheit und Frieden`,“ sagt Andy und legt sein vergilbtes Geschichtsbuch zur Seite. „Ja, aber die Verhältnisse von damals lassen sich ja gar nicht mit den heutigen vergleichen“, sagt plötzlich die Stimme der Relativierung und fliegt apathisch grinsend aus dem Fenster. „Bei der Reichstagswahl vom 14. September 1930 kam die NSDAP auf 18,3 Prozent“, sagt Domi und schließt Wikipedia. Der Rest ist Schweigen.